Samstag, 13. Oktober 2012

EINRÜCKUNSTAG - der erste Kontakt mit der Hölle auf Erden.

Tja meine tapferen Kameraden, ihr seid also so ungeschickt gewesen, die Meldefrist für den Zivildienst verstreichen zu lassen und seht euch nun mit eurem Einberufungsbefehl konfrontiert - jetzt gibt es kein Entrinnen - ihr seid entmündigt und der legalen Folter zugeführt.

Die Ehe und der Wehrdienst sind die zwei einzigen staatlich sanktionierten Formen von Freiheitsentzug ohne Gerichtsurteil (und für beides hat man(n) sich mehr oder weniger freiwillig selbst entschieden).

Vor der kritischen Auseinandersetzung mit der ersten Zeit beim Heer, möchte ich euch noch ein paar Tips für das Einrücken mit auf den Weg in die Kaserne geben.

1. grundsätzlich würde ich euch raten, nicht zu spät zu kommen: besser eine Stunde früher, als überpünktlich; das erspart eine Menge Stress und in den ersten Stunden ist kaum noch einer unangenehm (da verstellen sich alle).
2. nehmt euch nicht zu viel mit (ihr müsst die ganzen Sachen auch im Spind unterbringen).
Empfehlenswert sind:
- etwas zu trinken (ihr werdet in der 1. Woche nicht die Gelegenheit haben, euch etwas zu kaufen - an das Soldheim braucht ihr gar nicht erst zu denken.
- privates Wasch und Rasierzeug
- evtl. private Schuhputzausrüstung (“1-2-3 Glanz“ werdet ihr schätzen und lieben lernen - spätestens, wenn ihr wegen einem schlechten Schuhputz das erste mal am Abend länger nachdienen musstet)
- Zulassungsschein für die Einstellgenehmigung für das Privat - Kfz. (diese bitte immer deutlich an der Windschutzscheibe anbringen, da das Gefährt sonst ebenfalls irrtümlich mit Tarnfarbe angestrichen wird).


Jetzt komme ich aber dazu, was euch am ersten Tag so erwartet:

Zunächst einmal werdet ihr am Eingang liebevoll mit den Worten „AUFSITZEN“ (natürlich streng militärisch ausgesprochen) empfangen. Gemeint ist das Aufsteigen auf den MTW (= ziemlich unkomfortables, zugiges (aber bei weitem nicht zügiges) lautes Gefährt). Dieses bringt euch dann zu den Unterkünften, wo ihr zuerst einmal in die Zimmer eingewiesen werdet. Anschließend beginnt das große Ausfasssen (müsste bereits von der ersten Folge bekannt sein). zuerst die Bettwäsche: Hierbei fällt eines sofort auf (und versetzt einem gleichzeitig einen gefühlsmäßigen Dämpfer) - die Decke ist beschriftet: dort wo die Füße hinkommen mit „FUSSENDE“, und dort, wo der Kopf zu liegen kommt, mit „HEERESEIGENTUM“.
Anschließend folgt das Gerät (= Ausrüstung - wird in der nächsten Folge vorgestellt) und schließlich auch das Gewand - dann könnt ihr natürlich endlich das lästige Privatgewand ablegen und die wohlige Uniform überstreifen.
In diesem Zusammenhang werdet ihr eine Phrase sehr oft zu Hören bekommen: „Gewöhnen ans Gerät“. Und es stimmt, selbst die größten Jeans-Freaks schlafen schon nach wenigen Tagen freiwillig in der Uniform (weil sie nach dem Besuch im Soldheim im Vollrausch nicht mehr in der Lage sind, sich umzuziehen). Für den normalen Erdenbürger wird dies zu einer der größten Schwierigkeiten in der ersten Zeit: die totale Uniformität -> alles in dieser dunkelspeibgrünen Farbe.
In der ersten Woche kommt man im Normalfall nicht aus der Kaserne hinaus, geschweige denn vor 24:00 ins Bett (somit besteht auch kaum Zeit zum Telefonieren, da dies unter Tags verboten ist). Es gibt zwar viele Pausen, doch weiß man nie wie lange diese dauern (so kann es manchmal zum Problem werden, Zeit für eine „kleine Sitzung“ zu finden), dafür kommt es auch immer wieder vor, dass man sich innerhalb ¼ Stunde 3 mal umziehen muss.
Befehle müssen zwar immer so erteilt werden, dass der Sinn erkenntlich ist, doch in diesem Fall dienen solche „Kasperltheaterspielchen“ nicht dem Training vom schnellen Umkleiden, sondern lediglich dem bedingungslosen Schikanieren und dem endgültigen „gefügig machen“.

Dabei kommt es zu einer enormen Belastung für die Psyche, durch das Bewusstwerden des Entzugs jeglicher Freiheiten und Rechte. Die Kaserne ist im Prinzip wie ein Gefängnis, welches man nie ohne Erlaubnis verlassen darf. In der Schule war es wenigstens noch möglich „blau“ zu machen und eine Bestätigung von irgendeinem (befreundeten) Arzt zu bringen, aber beim Heer sind nur deren Doktoren zulässig.

All diese neuen und ungewohnten Umstände, die einem selbständig denkenden Menschen (zählt übrigens nicht zu den „besonderen Fähigkeiten“, die bei diversen Fragebogen verlangt werden) äußerst zuwider sind, führen dazu, dass man in der(n) ersten Woche(n) um Monate/Jahre reift/altert, denn es ist gar nicht so einfach alles zu akzeptieren und es hört sich nur leicht an, niemals das System zu hinterfragen. In dieser Phase des Präsenzdienstes/Lebens helfen entweder Familie/Freunde/Freundin oder viel viel Alkohol, um wenigstens körperlich am Leben zu bleiben, denn geistig hat man sich bereits lange aufgegeben.


Als kleine Hausaufgabe könnt ihr noch ein paar Abkürzungen lernen.
(Daraus besteht der gesamte Heeresapparat - angeblich erleichtern sie den Dienstbetrieb, aber in Wahrheit können sich die Herren Ausbildner keine längeren Formen merken).

ABA: Allgemeine Basisausbildung
ET: Einrückungstermin
MTW: Mannschaftstransportwagen

Auf das Treffen in der Kaserne freut sich
Euer General SINNLOS

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