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Freitag, 9. März 2018

Väterkarenz - Teil II

"Aber beim zweiten Kind möchte ich genauso lange zuhause bleiben wie du - also ein ganzen Jahr", mit diesen Worten hat meine Frau wohl nicht gerechnet.
Zur Erinnerung: Beim ersten Kind haben wir uns die Karenzzeit elterlich 12+6 aufgeteilt. Dies lag vor allem auch daran, weil wir den zweiten Zwerg mit relativ knappem Abstand planten und auch bekamen. Somit war nach Ablauf meiner Karenzzeit meine Frau bereits wieder in Mutterschutz.
Lady Maryan hatte sich insgeheim wohl selbst ein bisschen längere Karenzzeit erhofft, doch länger als 2 Jahre wollten wir nicht Vollzeit bei den Kindern verbringen, somit blieb nur die Aufteilung 12+12 übrig.

Väterkarenz ist leistbar
Ich habe nie die Argumente der (gut verdienenden) Väter verstanden, dass es sich finanziell nicht ausgeht, wenn "er" zuhause bleibt. Ja, man muss den Gürtel enger schnallen - vor allem wenn das Haupteinkommen wegfällt, doch mit der entsprechenden Planung und ein wenig Genügsamkeit ist auch das möglich.
So eine Schwangerschaft kommt in den meisten Fällen nicht völlig überraschend und selbst wenn, bleibt immer noch genug Zeit um ein paar Rücklagen zu bilden. Inklusive einer angenommenen Karenzzeit von 12 Monaten der Mutter bleiben also rund 20 Monate um zu sparen. Ein Gedankenexperiment: 20 Prozent weniger Einkommen sollte speziell für Besserverdiener bewerkstelligbar sein (alleine der Wegfall des bisherigen Winterurlaubs, der mit dem kleinen Zwerg vielleicht ein bis zweimal ausfällt, birgt schon viel Potenzial). Macht in Summe eine Ersparnis für 3 Monate (unbezahlte) Karenz. Für zwei weitere Monate gibt es Kinderbetreuungsgeld in Höhe von maximal rund 2.000 Euro. Finanzielle Argumente gegen ein halbes Jahr Väterkarenz kann ich also nicht nachvollziehen.

Väterkarenz ist teuer
Was wirklich ins Geld geht, ist die Zeit, um das wenige Geld auszugeben. Während man in der Berufswelt die Geschäftsöffnungszeiten selbst im Büro verbringt, besteht der Tagesablauf in der Karenz aus langen Spaziergängen, Kaffeehausbesuchen, Hol- und Bringwegen zum Kindergarten und ähnliches. All dies führt einen an Auslagen und Geschäften vorbei. Mehr noch, man(n) ist zum Einkaufen gezwungen: Windeln und Babynahrung (ach da nehm ich noch ein paar gebratene Wildschweinkeulen mit), Zutaten fürs tägliche Mittagessen (heute darfs mal der gut getrocknete Tee aus dem Sherwood Forest sein), neues Gewand (ja, diese Sandalen sind aber süß, die muss ich haben) und Spielzeug (Little Robin Hood braucht ja unbedingt schon einen eigenen Bogen).
Kurz gesagt: An einem durchschnittlichen Karenztag hab ich fast mehr Geld ausgegeben, als bei einem Wochenendeinkauf vergangener Zeit. Dies vor allem, wenn der große Zwerg beim Shoppen dabei war und selbst schon den Einkaufswagen befüllte. Nicht zu vernachlässigen ist auch der Faktor Zeit für längst Aufgeschobenes. Die neue Sandkiste im Park von Nottingham, das Hochbeet auf der Burgmauer oder ein neues Möbelstück für die Kinderstube - und schon muss neues Werkzeug oder Material angeschafft werden.
Finanziell überlebt haben wir das nur mit der oben bereits angeführten Genügsamkeit. Ich musste lernen zu verzichten und meinen Tagesablauf nicht nur in Einkaufstouren zu planen. Ein besonderer Dank ergeht auch an dieser Stelle an Lady Maryan die den Shopaholic in mir behutsam gewähren ließ und dennoch bremste.

Mein Tages-Wochenablauf

Dass die Karenz nicht zur persönlichen Selbstverwirklichung dient, war mir bereits vom ersten Kind bekannt und bewusst. Erschwerend hinzu kam diesmal Zwerg Eins, der eigentlich den Haupt-Tagesablauf bestimmte: In der Früh in den Kindergartenwald bringen, Mittags wieder abholen - zeitlich koordiniert mit dem Mittagsschlaf von Zwerg Zwei. Am Nachmittag das große Kind beschäftigen und dazwischen versuchen, dass alle überleben und die Welt (sowie die Waldhütte) nicht untergeht.
Für Zwerg Zwei schaffte ich es zumindest einmal pro Woche zum Babytreff und einmal zum (von mir geleiteten) Eltern-Kind-Turnen auf der Waldlichtung. Sehr geholfen hat mir wieder mein bewährter Wochenplan: Die Struktur ist nötig, um so Banalitäten wie Spielzeit tatsächlich einzuplanen - Karenz sollte schließlich nicht nur Hausarbeit und Freizeitstress sein.
Ein wenig übertrieben hab ich es wohl mit den Baby/Kind-Kursen. Über die Wintermonate lief parallel mein Eltern-Kind Turnen für die Kleinen und zwei KletterKrabbel Einheiten bei unterschiedlichen Sportvereinen.

Ein Rückblick:
Was gibt es zu den Vorhaben der ersten Karenz zu sagen:
Sport: Der Stress mit zwei Kindern reichte aus - das Verlangen mich selbst noch körperlich zu betätigen war enden wollend.
To-Do-Liste: In der Karenz hab ich wahrscheinlich weniger bewerkstelligt, als "nebenbei". Und das nächste Großprojekt (Baumhaus) werd ich wohl jetzt wieder irgendwo für die Wochenenden einplanen.
Gitarre lernen: No Comment
Bloggen: Selbst für dieses Resümee hab ich jetzt 8 Monate gebraucht...

Der Wiedereinstieg in die Arbeitswelt
Mir war schon vor dem Karenzantritt klar, dass ich in meinen alten Job der durchsetzt war von der englischen Bürokratie und Aristokratie eher nicht zurückkehren wollte. Nachdem sich dort über die Zeit die Dinge auch nicht auf eine Art verändert hatten, um mir eine freudige Rückkehr schmackhaft zu machen, wollte ich mich anderwertig orientieren. Klar war aber, es gibt mich nur als Vater. Ein Vollzeitjob mit unflexiblen Arbeitszeiten, bei dem ich die Kids wochentags nur selten sehe, kam für mich nicht in Frage. Umso glücklicher bin ich mit der Option, die sich für mich danach aufgetan hat. Eine 4-Tage Woche und Arbeitszeiten, die es mir erlauben die Kids entweder in der Früh in den Kindergartenwald zu bringen oder abends mal auf ihr Nachtlager zu legen, tragen unendlich viel zu einer positiven Worklife-Balance bei. Dafür nehme ich es auch in Kauf, dass ich nun mit meinem Firmenhandy in zweiter Ehe verheiratet bin und abends und am Wochenende nicht mehr wie bisher "abschalten" kann. Für diesen Job habe ich dann auch gerne auf das letzte Karenzmonate verzichtet (wodurch es letztlich eine 12+11 Aufteilung wurde). Auch da zeigte sich der familiäre Zusammenhalt und das Verständnis der Kids im Sherwood.

Die Partnerschaft

Für meine Frau war es toll, beruflich wieder voll durchstarten zu können. Sie weiß unsere Kinder bei mir als gleichberechtigten Partner in guten Händen. Spielzeugtag im Kindergarten, Bastelstunden und ein wohlsortierter Kleiderkasten werden von mir ebenso bewerkstelligt. Vielleicht sogar ein bisschen zu viel, denn nun gibt es Diskussionen, ob denn die Steinschleuder oder die Maultrommel besser für den Spielzeugtag ist. Aber ich glaube, diese Debatten nimmt sie gerne in Kauf, hat sie schließlich in mir einen Partner auf den sie sich voll verlassen kann und der sich seiner Rolle als Vater bewusst und selbstbewusst stellt.

Was zu kurz kam
Besser kann man immer etwas machen. Bei mir wäre es vielleicht eine noch bessere Betreuung von Zwerg Zwei gewesen. Die Aufmerksamkeit lag wohl zu 80% bei dem designierten Thronfolger. Anfangs war das vor allem für mich noch ok und er ist so wahrscheinlich noch enger mit mir verbunden als es nur durch die damalige Karenz erfolgt wäre. Diesmal hat das Kind den Papa in der Karenz unmittelbarer und vor allem bewusster erlebt und so war der Wechsel zurück in die Arbeitswelt für mich eine kleinere Umstellung als für den Nachwuchs. Oft hatte ich jedenfalls das Gefühl, dass ich den Fokus doch hätte anders verteilen sollen. Naja, Pech gehabt Zweitgeborenes - ich bin ja selbst Zweitgeboren und habs auch überlebt... Wirklich schade ist es, dass wir uns schließlich doch (aus finanziellen Gründen) gegen die musikalische Früherziehung entschieden haben. Vor allem in Anbetracht der elterlichen musikalischen Begabung, wäre dieses Geld gut investiert gewesen.

Fortsetzung folgt nicht
Das Thema Familienplanung ist für uns nun abgeschlossen. Wir sind mit den beiden Zwergen überglücklich und fühlen uns in dieser Viererschaft wohl. Nun heißen die neuen Herausforderungen Nachmittagsbetreuung mit Großeltern koordinieren und die ersten Kindergartenprobleme lösen.
Ich habe zwar nicht jeden Tag genossen, aber keine einzige Woche zuhause bereut. Um nichts in der Welt will ich diese Erfahrung missen und kein Geld (Mehrverdienst) kann das Erlebte aufwiegen.
robe

PS: Nachdem ich mich in diversen meiner Blogeinträge über gesundheitliche Probleme mit dem Rücken oder den Knien beschwert habe: Ein Monat nach Karenzbeginn waren alle Beschwerden wie weggeblasen. Die tägliche körperliche Betätigung im Alltag, der permanente Stellungswechsel zwischen Spielen am Boden, Kind tragen, hockerln usw haben den Körper aktiviert. Ja, ein Tag zuhause ist um ein Vielfaches anstrengender, als ein Tag im Büro - aber diese Erfahrung war für mich nicht neu.

Mittwoch, 15. April 2015

6 Monate Väterkarenz gehen zu Ende

Was bisher geschah
Mit einem mulmigen Gefühl bin ich vor einem knappen halben Jahr pünktlich mit dem ersten Geburtstag meines Zwergs in meine Väterkarenz gestartet.
Siehe dazu auch meinen Auftaktbeitrag: http://sherwood.twoday.net/stories/start-vaeterkarenz/

Nach einer ersten Eingewöhnung hatte ich soweit alles im Griff: http://sherwood.twoday.net/stories/karenz-vs-arbeit/
bis mich schließlich der Alltag einholte: http://sherwood.twoday.net/stories/im-alltagswahn/

In den letzten sechs Monaten ist viel passiert und mit Ausnahme weniger Tage im Büro zwischen meinen zwei Karenzphasen und einiger Urlaubstage, die ich mir gegönnt hatte, verbrachte ich diese Monate quasi Tag und Nacht mit meinem Kind. Dies ist für mich insofern ein besonderer Aspekt, da ich seit meinem eigenen Eintritt in den Kindergarten vor gut 30 Jahren nie wieder eine solange intensive Zeit ständig mit ein und derselben Person hatte.

Morgen endet mein Väterkarenzdasein und die Arbeitswelt holt mich wieder ein. Der Übergang wird vorerst nur halb so schlimm, da ich noch einige Wochen Teilzeitarbeit vor mir habe, um den Übergang etwas sanfter zu gestalten.
Der heutige Abend ist aber die perfekte Gelegenheit um ein wenig Bilanz zu ziehen

Die Vorhaben
Ich hatte eine lange Liste mit Plänen für meine Karenz gemacht, doch was ist aus all diesen Vorsätzen geworden?

Sport
Ich wollte die Zeit für Sport nutzen. Nun, zunächst einmal sind die Wintermonate nicht die beste Gelegenheit um ausführliche Radtouren (mit einem Kleinkind) zu unternehmen und für großartige Schneeschuhwanderungen oder ähnliches fehlte der Schnee. Auf das Laufband stellen, während die Kleine den Fitnessraum zerlegt oder selbst auf das Band krabbelt war illusorisch und abends fehlte mir schlichtweg die Energie um noch großartig aktiv zu werden.

Sportlich sehr aktiv war allerdings mein kleiner Zwerg. Mit Beginn meiner Karenz haben wir angefangen einmal wöchentlich zum Kleinkinderturnen des örtlichen Sportvereins zu gehen und für mehrere Wochen habe ich im Rahmen meiner Alpenvereins-Klettertrainertätigkeit selbst auch ein "Kletterkrabbeln" angeboten, was meinem Kind immer wahnsinnig Spaß gemacht hat und auch wichtig für seine soziale Entwicklung war.

Todo Liste
Ich hab mir penibel aufgeschrieben, welche Dinge - die ich auf die lange Bank geschoben hatte - ich in der Karenz erledigen würde und gut 90% davon habe ich geschafft (unter anderem wurde der Steuerausgleich für die letzten vier Jahre gestern eingereicht). Auch meine "neue" GPS Outdoor Uhr habe ich nach 11 Monaten endlich konfiguriert. Die letzten Dinge auf der Liste haben Zeit für die nächste Karenz...

Gitarre lernen
Als streng unmusikalischer Mensch wollte ich das musische Gehör meines Kindes insofern weiter strapazieren als ich diverse gesangliche Darbietungen auch noch auf einem Saiteninstrument zu begleiten beabsichtigte. Nun - die Kleine liebt es wenn Papa Gitarre spielt und Papa kann auch schon fünf Akkorde, doch das Umgreifen funktioniert etwa so gut wie das Takt halten vor 20 Jahren am Klavier (damals hatte mein Lehrer meinem Vater mitgeteilt, dass sich dieser das Geld für meinen Unterricht sparen könne).

Bloggen
Eigentlich wollte ich über meine Väterkarenz ein Tagebuch führen (und auch gleich mit der Welt teilen). Aber: tagsüber hat mich der Zwerg dermaßen gefordert dass gelegentliches twittern schon schwierig war und abends gab es oft einfach wichtigeres (erholsameres zu tun). So werde ich mich in Jahren auf mein Gedächtnis betreffend die letzten Monate verlassen müssen.

Wochenplan
Woche für Woche habe ich (mit meiner Kleinen) einen Plan erstellt, wie wir die kommende Woche verbringen würden. Dabei waren Einkaufstouren ebenso vorgesehen wie Besuchszeiten, Stunden mit den Großeltern und eine Papa-Play-Time. Dieser Plan hat uns geholfen, das Leben zu strukturieren und darauf zu achten, dass nichts und niemand zu kurz kommt.

Die Erfahrung
Arbeit vs. Karenz
Das Karenzdasein ist kein (Erholungs)urlaub, sondern mehr als ein Vollzeitjob. Im Unterschied zu noch so anstrengenden beruflichen Tätigkeiten, gibt es einfach keine Pause. Man kann nicht einfach mal nicht das Handy abheben, ein Meeting canceln oder die Bürotür abschließen. Wenn das Kind in der Nacht ein Bedürfnis hat, bleibt einem nichts anderes übrig als stundenlang vor dem Gitterbett auszuharren.

Beruflicher Profit
Ich kann mir von den letzten Monaten aber auch viel für mein berufliches Leben mitnehmen. Ich habe noch besser gelernt, mehrere Dinge gleichzeitig zu jonglieren und vor allem die Prioritäten richtig zu setzen. Würden die Dienstgeber und Personalverantwortlichen in unserem Land diesen Aspekt realisieren würden sie sämtliche MitarbeiterInnen dazu ermutigen in Karenz zu gehen, statt diesen ihre Elternzeit mit diversen Hürden zu erschweren. Der langfristige Vorteil für ein Unternehmen ist sicherlich höher als der kurzfristige Nachteil.


Die unmittelbare Erfahrung

Ich habe gelernt, dass man in der Karenz auf der einen Seite nichts planen kann und auf der anderen Seite alles planen muss, damit das Leben geordnet läuft. Bei aller Spontanität, ist es aber wichtig, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen.
Die wichtigste Erkenntnis in diesem Konnex war aber, dass es umso besser mit der Kleinen läuft, je genauer ich ihr Dinge und Zusammenhänge erklärt habe. Auch mit einem guten Jahr sind Kinder keine hirnlosen Geschöpfe, sondern geistig hochaktive Lebewesen, die bei allen Untaten nichts wirklich Böses im Schilde führen. Diese Erfahrung hätte ich ohne Karenz sicher nicht machen können - denn dies lernt man nicht aus Büchern, Erzählungen oder an einem Wochenende - man muss es über Tage und Wochen erleben.


Emotionaler Ausblick

Die letzten Monate waren eine wahnsinnige Bereicherung für mich als Menschen, als Vater, als Ehemann und als berufstätigen Menschen. Auch wenn es oft sehr anstrengend und gelegentlich emotional fordernd war, sodass ich mitunter an der Grenze meiner Belastbarkeit angelangt war, möchte ich doch keinen einzigen Tag dieser Monate missen.

Unbeschreiblich war jedenfalls der Tag, an dem sie das erste Mal "Papa" gesagt hat - dieser Tag rangiert definitiv unter den Top 5 meines Lebens.

Auch klar ist für meine Familie, dass eine gemeinsame Karenz von Mama und Papa keine Option ist: http://sherwood.twoday.net/stories/mama-at-home/

Jetzt bin ich aber auch in der glücklichen Situation, einer schwangeren Frau gegenüber zu sitzen - das heißt meine nächste Karenz rückt in absehbare Nähe und ich freue mich ungemein darauf, auch mit meinem zweiten Kind ein paar Monate seines Lebens intensiv verbringen zu dürfen.

robe

Mittwoch, 18. März 2015

Mama at home

Welche (Jung)familie träumt nicht von gemeinsamer Zeit, sehnt sich nach endlosen Musestunden zu dritt und den wenigen Momenten wenn es alle schaffen miteinander zum Essen beim Tisch zu sitzen? WIR!

Aber schön der Reihe nach....

Papa oder Mama?
Unser Kind differenziert im Alltag im Grunde kaum zwischen Mama und Papa. Natürlich liebt sie uns beide. Sie strahlt mich an, wenn ich ihr ankündige, dass wir nun einen Ausflug machen oder shoppen gehen. Sie spielt liebend gerne verstecken, wenn ich sie umziehen möchte, nur um dann freudig glucksend am Wickeltisch mit mir um die Wette zu lachen. Und natürlich ist auch jeder Moment mit ihrer Mutter von Glück und Liebe geprägt.

Ja, wie fast jede Tochter, himmelt sie den Papa an. Aber dann gibt es diese Momente, in denen sie doch noch ganz klar zeigt, dass Mama ihre klare Nummer Eins ist. Wenn sie sich ganz stark weh tut, wird sie lieber von Mama getröstet. Wenn sie die Wahl hat, mit wem sie eine Runde um den Tisch läuft, reicht sie Mama die Hand (wohl auch, weil ihr Mama diesen Wunsch nie ausschlägt, Papa sie dafür aber hin und wieder vertröstet, weil er gerade mit anderen Dingen beschäftigt ist).

Irgendwie hatte ich insgeheim gehofft, meiner Frau diese Nummer Eins Position in sechs Monaten Väterkarenz wenn schon nicht streitig zu machen, dann zumindest ausgleichen zu können.

Unterbrechung im Alltag
So absurd dies jetzt für manche klingen mag, die Tage an denen Mama während meiner Karenz zu Hause ist, wirbeln im Sherwood Forrest alles gehörig durcheinander. Mein Zwerg und ich haben immer einen relativ guten Plan für die Woche und haben über die Monate (gemeinsame) Routinen entwickelt.

Meine bessere Hälfte hat schon bald nach der Geburt unseres Sprößlings festgestellt, dass ich viele Dinge mit demselben anders angehe und den Spruch geprägt "Der Papa ist nicht die Mama". So haben Zwerg und Papa andere Methoden beim Füttern (was sowohl für Mama als auch Papa gelegentlich eine Herausforderung ist), beim Zähneputzen (wogegen sie sich bei Mama öfters wehrt) und andere Routinen beim Wickeln und Schlafenlegen (worin wir uns regelmäßig abwechseln).

Jetzt hat es sich zugetragen, dass Lady Maryan wieder einen dicken Bauch bekommt, der von Tag zu Tag wächst. Dementsprechend liegt der Kreislauf im Keller und Mama kann oft nur von zuhause arbeiten oder muss überhaupt auf der Couch liegen und ihre Energien sammeln.

Ausgestattet mit einem sensiblen Radar "Wer hat gerade keine Zeit für mich" und "Wer ist gerade nicht zuständig für mich" steuert Zwerg dann exakt diese Person an.

Im Detail:
• Meine Frau sitzt im Arbeitszimmer vor dem Computer oder telefoniert beruflich: Statt mit Papa zu spielen (wie an jedem anderen Tag), steht klein Terrorzwerg vor der Arbeitszimmertür und brüllt, bis sie bei Mama auf der Schoß sitzen darf und alle Ablenkungsversuche von Papa sind vergebens.
• Zwerg und Papa sitzen beim Frühstück und sie lässt sich geduldig füttern. Dann erscheint Mama und nimmt ebenfalls einen Snack. Plötzlich wandert jede Gabel, die ich ihr gebe zuerst zu Mama und muss von Mama entgegengenommen werden, bevor sie sich selbige selbst in den Mund steckt.
• Zwerg ist mit Papa im Badezimmer und genießt es, die Zähne geputzt zu bekommen (was wie gesagt im Regelfall mit Papa besser klappt als mit Mama). Mama betritt die Bühne (und gibt sich etwa die Kontaktlinsen in die Augen) und schon sträubt sich der kleine Wirbelwind mit Händen und Füßen gegen die Zahnbürste und jeder Versuch von Papa weiterzumachen ist nicht von Erfolg gekrönt.
• Am schönsten sind die Homeofficetage, wenn der Zwerg zuerst am Vormittag immer vor dem Arbeitszimmer steht und nach Mama verlangt, nur um dann am Nachmittag, wenn diese mit ihr spielen will und sich Papa kurz vor den Compi setzt (um beispielsweise zu bloggen), wild gegen die Arbeitszimmertür zu hämmern, weil jetzt eine Kuschelstunde mit Papa doch recht fein wäre.

Getrennte Familytime
Schlichtweg - gemeinsame Zeit ist mehr als herausfordernd. Für mich, weil ich dann oft keinen Zugang zu unserem Zwerg finde, für meine Frau, weil sie nicht einmal für fünf Minuten tun kann was sie will (und wenn es nur kurz eine Pause einlegen ist) und für unsere kleine Maus, weil sie just nie von dem die Aufmerksamkeit bekommt, von dem sie sie gerne hätte (und weil sie dann die Spannungen zwischen Mama und Papa spürt).

Also haben Lady Maryan und Robin begonnen die Zeit mit dem Nachwuchs aufzuteilen, getreu dem Motto "wer ist jetzt zuständig" - der/die andere zieht sich dann zurück. Und ich habe begonnen, an den Homeofficetagen meiner Frau mit unserem Zwerg aus dem Haus zu flüchten und uns bei anderen Jungfamilien zu gemeinsamen Spielstunden einzuladen oder ausgiebige Einkaufstouren zu machen.

Soviel zu genussvoller Familytime. Mal sehen ob sich das mit Zwerg II ändert...

robe

PS: Wahrscheinlich bin ich nur eifersüchtig - vor allem, weil Zwerg schon seit drei Monaten "Mama" sagen kann und mittlerweile auch schon mit weiteren Wörtern beginnt, nur "Papa" einfach nicht über die Lippen kommen mag ;-)

Dienstag, 10. Februar 2015

Soziales zur Väterkarenz

Betrachtet man die Gesetzeslage in Österreich zur Väterkarenz und den Rechten der Männer nach der Geburt, drängt sich der Verdacht auf, dass die Bedürfnisse moderner emanzipierter Männer noch nicht in der Politik angekommen sind.
Entsprechend altmodisch bleiben die Rollenverteilungen und entsprechend verwundert agieren Personalabteilungen oftmals, wenn es doch Ausreißer gibt, die künftig immer mehr zur Norm werden.

An beide Adressen sei gerichtet: Kinder haben neben einer Mutter überraschenderweise auch einen Vater und dieser fühlt sich immer mehr für seinen Nachwuchs verantwortlich und möchte entsprechend dieses Verantwortungsbewusstseins aber auch entsprechend eigener Bedürfnisse für sein Kind da sein.
Das klassische Rollenbild der alleine im Kreißsaal gebärenden Mutter, die nach der Geburt völlig und vor allem völlig alleine in der Mutterrolle aufgeht, während der Vater für das Familieneinkommen sorgt und am Wochenende kurz mit den Kleinen spielt, ist mittlerweile Gott sei Dank überholt.

A) Die Geburt

1. Im Spital:
Männer wollen bei der Geburt dabei sein. Die Realität zeigt, dass sie oft bis zur letzten Minute vor der Geburt ihres Kindes arbeiten müssen und selbst wenige Tage vor dem Geburtstermin noch auf Geschäftsreisen geschickt werden, bei denen eine rechtzeitige Heimkehr wage ist.
Väter wollen nach der Geburt Zeit mit der Familie verbringen. Selbst wenn im Spital Mutter und Kind gut umsorgt werden, ist es auch den Vätern ein Anliegen, Zeit mit ihrem Sprössling zu verbringen und für die Frau da zu sein. Am besten geht dies in einem Familienzimmer, auf das nach wie vor die meisten Spitäler nicht oder nur unzulänglich vorbereitet sind.

2. Urlaub nach der Geburt:
Rechtsanspruch auf Urlaub nach der Geburt sucht man in den meisten Branchen auch vergeblich. Eine frisch von der Wöchnerinnenstation entlassene Mutter gilt als kerngesund, vital und topfit. Dass die Realität damit jedoch an den Bedürfnissen eines körperlich und psychisch geforderten Menschen vorbei geht, zeigt die Tatsache, dass es nach der Geburt keinen Anspruch auf Pflegefreistellung gibt.

3. Papamonat:
Nach der Geburt nehmen sich immer mehr Väter Urlaub, um entsprechend viel Zeit mit der Familie zu verbringen. Einen Anspruch gibt es darauf bis dato nur im öffentlichen Dienst. Dass es nach wie vor nicht in allen Branchen die Möglichkeit für diese Frühkarenz gibt, ist erschütternd, dass dieses "Papamonat" gänzlich unbezahlt ist, ist peinlich und führt zu einer sozialen Selektion.

B) Die Karenz

1. Modelle zum Kinderbetreuungsgeld:
Oftmals reichen zwei akademische Studien nicht aus, um die komplexen und verworrenen Regelungen zwischen Kinderbetreuungsgeld und Karenz zu durchschauen. Selbst wenn man denkt, alles durchblickt zu haben, kommen noch (böse) Überraschungen. Die aktuellen Karenzmodelle in Österreich sind nach wie vor auf die Frau in der Mutterrolle und den Vater als den Vollzeiterwerbstätigen ausgerichtet.

2: Väterkarenz:
Männer genießen vor der Karenz keinen Kündigungsschutz und sind so in der Realität dem Druck des Dienstgebers ausgesetzt.
Selbst wenn ein Mann sich zu einer langen Karenzzeit entschließt, zwingt ihn der Gesetzgeber in manchen Situationen (Geburt des nächsten Kindes) zurück in die Arbeitswelt und verwehrt so entsprechende Zeit mit dem Kind.

3. Teilzeit:
Völlig am modernen (bzw. zukünftigen) Familienmodell vorbei, gehen die Beschränkungen im Bereich des Teilzeitanspruchs. Derzeit haben Eltern nur die Möglichkeit, dass entweder Mama oder Papa in Karenz sind bzw. je einer von Ihnen nur Teilzeit arbeitet. Viele Eltern wünschen sich Modelle bei denen beide eine reduzierte Wochendienstzeit haben und möglichst viel und lange Zeit mit dem Kind verbringen können. Faktisch wird zumeist wieder der Mann in den Vollzeitberuf gedrängt und leistet dort noch Überstunden um den Erwerbsausfall zu kompensieren.

Zeit wirds, dass sich in diesen Bereichen etwas ändert....
robe

Donnerstag, 18. Dezember 2014

Im Alltagswahn

Ende der Euphorie
Sechs Wochen hat meine Karenz gedauert, ehe mich der Alltagswahn eingeholt hat. Zunächst war ich noch voller euphorischer Glücksmomente. Wie ein Jugendlicher beim ersten Date oder wie der Führerscheinneuling, der erstmals alleine mit Papas Auto wegfahren darf.

Irgendwann kommt jedoch die Ernüchterung (nicht dass das daten und knutschen nicht immer noch seine Reize hätte, aber das Autofahren empfinde ich auch zusehends als nervig angesichts des Wahnsinns auf den Straßen). Vorbei das glückliche Strahlen des "Ich bin jetzt in Karenz"-Papas.

Vielmehr sehe ich mich gefangen in einem engen zeitlichen Korsett aus Fütterungssessions, Schlafzeiten, Spieledates und Ausflügen mit dem Kinderwagen. Was anfangs neu und aufregend war, wird zur Routine und fast schon lästigen Pflicht.
Nicht falsch verstehen: Ich genieße es immer noch, bei meinem Zwerg zu sein und ständige neue Schritte (im wahrsten Sinne des Wortes) begleiten zu dürfen, doch verstehe ich auch in diesem Aspekt Mütter besser - man hat zuhause oft das Gefühl dass die Decke auf den Kopf fällt.

Ursachenforschung
Momentan kommt bei mir eine gehörige Portion Winterdepression hinzu. Die Tage werden noch immer kürzer und die früh hereinbrechende Dunkelheit engt zwar nicht den Bewegungshorizont, aber die dafür sinnvoll zur Verfügung stehende Zeit gehörig ein. Wir trinken das Frühstücksfläschchen bei künstlichem Licht und auch der Nachmittagsbrei geht zumeist nur noch mit technischer Helligkeitszufuhr.

Die Winterzeit ist aber auch schmutzig und nasskalt. Bei jedem Schritt vor die Tür mit dem Zwerg muss dieser nach gefühlter ewigkeitsähnlicher Tortur in ein komplett neues Outfit verfrachtet werden. Und: Es gibt einfach schönere und spannender (vor allem auch einfachere) Dinge, als ein Kleinkind in Strumpfhose, warme Hose, Zusatzpulli, Winterjacke, Halstuch, Handschuhe und Haube zu stecken (und bei der Heimkehr wieder retour). So überlege ich mir jeden Gang zum Bäcker oder auch ins Kaffeehaus und versumpfe zumeist zuhause bis mich das schlechte Gewissen packt, weil der Nachwuchs halt doch mal wieder an die frische Luft sollte.

Täglich warten auch neue Herausforderungen, die in unterschiedlicher Intensität den Willen brechen. Ja, ich sollte konsequent sein, aber wenn sich mein Terrorzwerg mal gerade gegen das Lätzchen wehrt oder heute ein bestimmtes Essen nur ausspuckt das gestern noch begierig verschlungen wurde bleibt zu "Hungern lassen" oft nur die Resignation als Alternative. In diesen Momenten sehne ich mir die abendliche Heimkehr der Mutter noch schneller herbei.

Die Lösung
Ja, jetzt verstehe ich warum Mütter sich oft zu einem Pläuschchen im Kaffeehaus, Stillgruppen, gemeinsamen Spaziergängen, Shoppingtouren oder anderen Alternativen verabreden. Ein bisschen raus aus dem eigenen Alltag, Tapetenwechsel und vor allem der Austausch mit anderen Gleichgesinnten (oder auch Leidensgenossen genannt) ist oft bitternotwendig.

Ich habe mir jetzt ein paar Tage Urlaub von Frau und Kind zum Skifahren gegönnt und bin danach mehr oder weniger erholt und motiviert heimgekehrt. Eine kurze Auszeit sozusagen ist glaube ich die beste Lösung und sollte sich jeder Elternteil in Karenz in mehr oder weniger starken Dosen gelegentlich gönnen.

Jetzt freue ich mich wieder auf die nächsten Monate (vor allem da die Tage bald wieder länger werden) und bemühe mich die positiven Aspekte hervorzukehren und die Schranken die großteils nur in meinem Kopf sitzen zu durchbrechen.

Und wenn nichts mehr hilft, kann ich ja an die Alternative denken, die da heißt im Büro zu sitzen und Akten wälzen - und schon darf mich mein Zwerg wieder ein klein wenig mehr in den täglichen Wahnsinn treiben.

robe

Sonntag, 30. November 2014

Kindererziehung

Eigentlich wollte ich meinen Blogbeitrag vorige Woche schon diesem Thema widmen, doch blieb in einer herausfordernden Karenzwoche keine Zeit dafür. Jetzt hat der heutige Presse Artikel in den Social Media mächtig Staub aufgewirbelt und beschert mir eine schlaflose Nacht.
Also sitze ich mit dem Babyphon neben mir und habe knapp vor Mitternacht anscheinend nichts besseres zu tun, als meine Gedanken ins Netz zu schreiben. Menschen, die keine Ironie verstehen bitte ich, den nächsten Satz zu überlesen: Und wenn ich morgen dann müde bin und mich mein Zwerg zu sehr nervt, setzts einfach eine Tracht Prügel.

Jetzt gibt's sicher viele Menschen, die nicht meine Ansicht teilen und die, wenn sonst nichts bleibt, in den vorigen Satz Dinge hineininterpretieren, die nicht drinnen sind, aber das riskiere ich jetzt einfach mal...

Warum ist es mir ein Anliegen, mich zu dem Thema zu äußern? Nun, als Vater eines mittlerweile +1 jährigen Kindes ist mir das Thema sozusagen ein Herzensanliegen und Ja, ich gebe zu, nicht nur keine Ahnung gehabt zu haben, was WIRKLICH auf mich zukommt (wer hat das?), sondern auch, manchmal überfordert zu sein (wenn es wirklich Eltern gibt, die reinen Gewissens sagen können, dass ihre Kinder sie nie an die Grenzen treiben, dann bewundere ich diese (ob ich sie beneide, kann ich im Moment nicht sagen)).


Klares Statement gegen Gewalt!

Einleitend eines klargestellt: Ich bin entschieden gegen Gewalt und vor allem gegen Gewalt gegen Wehrlose und im Besonderen gegen Gewalt gegen Kinder.

Ich frage mich nur leider allzuoft, wo diese Gewalt beginnt, wo sie endet und wer sie definiert.

In der vergangenen Woche gab es einen Artikel in den Salzburger Nachrichten (im inhaltlichen Kontext zu dem verbrühten Kind), wonach auch das Anschreien und das Anschweigen von Kindern als eine Form von psychischer (und somit verbotener oder zumindest zu verbietender) Gewalt anzusehen ist. Dieser Artikel war ursprünglich mein Anlass, zu dem Thema zu bloggen, nun liegt aber mehr am Tisch.

Was ist Gewalt?
Diverse Postings in den Social Media zeigten spätestens heute, dass es eine große Bandbreite der Definition und Toleranz gibt. Während die einen das Ohrenziehen (oder an den Koteletten ziehen) noch für absolut legitim halten, verurteilen andere bereits das ins Zimmer sperren als eine Form der Freiheitsberaubung und Liebesentzug als das schlimmste überhaupt.

Polemisch könnte ich das gesetzliche Verbot in § 137 ABGB sehr weit auslegen. Wenn ich meinem Kind kein seelisches Leid zufügen darf, dann darf ich also auch nicht das Zimmer verlassen (weil mein Kind dann für ein paar Sekunden heult (obwohl Mami liebevoll spielend noch immer neben ihm sitzt) bevor es wieder quietschfidel lacht. Dann darf Mami aber auch nicht arbeiten gehen, weil das Kind ja dann tagsüber ohne Mutter sein muss. Dann darf man das Kind nicht in den Kindergarten geben, weil es zum Abschied der Eltern kurz weint usw.
Der vermutlich nicht ganz ernstgemeinte Vorschlag von Herrn Wolf, an einem Polizisten auszuprobieren, was unter Gewalt fällt, ist da auch wenig zielführend.

Wenn es wirklich schon unter (verbotene) Gewalt fällt, das Kind anzuschreien (ab wieviel dB ist ein lautes Wort schon ein Geschrei?) oder anzuschweigen, weil das Kind dann seelische Qualen nimmt, dann sag ich ganz ehrlich dass ich bei weiterer Entwicklung in diese Richtung auch an die Grenzen meiner Erziehungsfähigkeit stoßen werde (auf dass mich der nächste Shitstorm treffe). In meiner mir mitunter zynischen Art fällt mir dazu nur ein, dass wir dann in ein paar Jahren einige verhaltensauffällige Jugendliche oder bereits Erwachsene haben werden, die vom ständigen Erklären und Ausreden entweder einen Tinnitus erlitten haben oder durch ständiges Reden und Diskutieren ganz wirr wurden.

Grenzen setzen / antiautoritäre Erziehung
Ich persönlich mag diese Geschichte aus meinem Psychologie-Unterricht im Gymnasium vom Mann an der Supermarktkassa, der der antiautoritär erziehenden Mutter mit dem "lebendigen" Kind ein Glas Honig über den Kopf leert.

Nein, ich glaube nicht, dass völlige antiautoritäre Erziehung (im Sinne von keine Grenzen setzen etc.) gut ist (aber darüber könnte ich 3 Seiten extra schreiben). Ja, ich erlebe in meinem Umfeld immer wieder, dass Eltern Drohungen aussprechen, die sie nicht einhalten (können/wollen) und das Kind somit macht, was es will.
Ja, ich glaube, dass es auch zur Erziehung gehört, einfach einmal eine klare Ansage an das Kind zu machen (es ist draußen kalt und daher wird die Jacke jetzt angezogen und die Haube aufgesetzt) und es nicht immer als jungen, mündigen Menschen zu sehen, der seine Entscheidungen stets selbst treffen kann/darf/soll.
Ja, ich bin felsenfest davon überzeugt, dass Eltern auch einmal schnell eingreifen müssen, wenn es um das Wohl des Kindes geht (wenn der Zwerg vor ein Auto läuft, dann muss ich mitunter mal einen Hechtsprung machen und selbigen am Arm zurückziehen ohne darauf Rücksicht nehmen zu können, ob dies nun zu einem körperlichen (oder seelischen) Leid führt. (der nächst Shitstorm möge mich treffen). Und in einer solchen Situation halte ich jegliche sonst bevorzugte Erziehungsform der Partizipation und des Begleitens einfach nicht für adäquat angebracht.

Die Grenzen zwischen diesen Bereichen mögen für viele verschwimmen und wird wohl jeder anders ziehen. Ich kann und werde mich nur bemühen, stets die beste Variante anzuwenden und Ja, ich lehne Gewalt gegen mein Kind ab (und würde es jedenfalls nie zur Strafe schlagen), wo diese Gewalt jedoch für mich, für die Community oder für den Richter beginnt oder endet, das kann und will ich nicht allgemein einschätzen.

Habe ich das Recht zu urteilen?
Und daher kann ich nur eins sagen: Ich habe großen Respekt vor Herrn Greber (http://diepresse.com/home/bildung/erziehung/4607949/Wer-Strafe-nicht-vollzieht-wird-unglaubwurdig) für seine offenen Worte (das heißt nicht, dass ich Respekt vor seinen Taten habe!). Ob man seine Methoden goutiert oder verachtet sei dahingestellt. Tatsache ist, dass diese Haltung sicher nur die harmloseste Form von "Gewalt" gegen Kinder ist, die nach wie vor in vielen Kinderzimmern dieses Landes passiert. Ich habe auch größten Respekt vor den offenen Worten von Herrn Wolf über seine persönlichen Erfahrungen (https://www.facebook.com/arminwolf.journalist/photos/a.365198060158736.95746.360686647276544/915174585161078/?type=1).

ABER: Es fällt mir schwer absolut über andere zu urteilen. Ich ertappe mich selbst viel zu oft, dass ich Dinge tue, die ich früher verurteilt habe. Damit meine ich nicht, Gewalt gegen mein Kind, sondern Lapalien wie "Ich trage mein Kind im Arm, während ich den leeren Kinderwagen schiebe", oder "Ich lasse mein Kind die Hälfte des Essens auf den Boden werfen" (um die aktuell größten Herausforderungen zu nennen, mit denen ich konfrontiert bin).

Mein Zwerg bringt mich in Situationen, von den ich nie gedacht hätte, dass sie möglich sind. Ich halte mich für einen gebildeten, aufgeklärten und vernünftigen Menschen, der kraft sozialer Herkunft und finanzieller Möglichkeiten ein gutes Leben führt und meinem Kind ermöglicht. Ich weiß aber auch, dass nicht alle Menschen (Eltern) sich in einer derart privilegierten Lage befinden wie ich und dass es anderen Leuten mitunter schwer fällt andere herausforderndere Situationen als die von mir geschilderten adäquat zu bewältigen. Nein, ich finde es nicht gut, wenn jemand sein Kind schlägt und ich möchte dies nicht entschuldigen; Aber, ich kann es nachvollziehen, wenn andere Menschen sich nicht immer bestens verhalten und mituner Methoden anwenden, die nicht zu kollektiven Begeisterungsstürmen führen. Nein, ich finde es nicht gut, wenn jemand sein Kind zur Disziplinierung unter die eiskalte Dusche stellt, aber welches Recht habe ich (ohne Kenntnis der Situation,...) darüber zu urteilen?

Aus meiner Sicht: Gott sei Dank leben wir in einem Rechtsstaat ohne Selbstjustiz. Wen Dinge stören, die passieren und die er für falsch hält, der möge die entsprechenden Behörden verständigen und den Gerichten und dem Jugendamt viel Arbeit beschaffen. So schlimm das aber erscheinen mag: Auch Kinder, die geschlagen werden, lieben ihre Eltern und manchen geht es bei diesen Eltern vielleicht sogar besser als in einem Jugendheim oder bei Pflegeeltern (spätestens jetzt rechne ich mit dem Zorn der Community).

robe

Montag, 3. November 2014

Karenz vs Arbeit

Wie kommst du klar in der Karenz?

Diese Frage kann ich von mehr oder weniger guten Bekannten nach der ersten Woche meines neuen sinnstiftenden Daseins nicht mehr hören.

An einen Mann gerichtete impliziert diese Frage - vor allem von Damen, die mein eigenes Lebensalter mindestens um 10 weitere übersteigen - zumeist, dass er wohl hemmungslos überfordert sein muss. Besonders amüsiert hat mich die Aussage: "Jetzt siehst du als Mann endlich, was wir Frauen sonst immer leisten müssen". Auf meine Antwort "Ja, aber ehrlich gesagt finde ich es nur halb so schlimm wie die meisten Frauen immer jammern", war die entsprechende Person eher nicht vorbereitet und wird mir wohl auf ewig bös sein.

Danke, es geht mir gut.

Natürlich ist die Karenz anstrengend. Natürlich bin ich manchmal dem Nervenzusammenbruch nahe und natürlich kann mich mein Zwerg manchmal mit aller größtem Schwung in den selben treiben. Aber ist es in der Berufswelt anders?

Ich bezeichne die Karenz gerne als meinen aktuellen Full-Time-Job. Und nachdem ich mehrere Jahre einen äußerst stressigen 10-12 Stunden Arbeitstag hatte, an dem ich ehrlich gesagt nicht wusste, ob ich zuerst meine Mails beantworten, die Presseaussendung fertig schreiben, einen quängeligen Journalisten zurückrufen, das neueste Konzept für den Kunden erstellen oder das Protokoll vom letzten Meeting schreiben sollte, macht der Stress der Kindererziehung keinen gravierenden Unterschied.

Nun lauten meine Herausforderungen Windeln wechseln, Chaos in der Küche beseitigen, Zwerg umziehen bzw. schlafen legen, Einkaufen gehen, den Haushalt auf VorderMANN bringen und kleine Reparaturen vornehmen. Wenn man(n) also nicht von einem behäbigen Beamtenjob in diese andere Welt eintaucht und in derselben selbstverständlich überfordert ist, stellt sich der Unterschied im Stresslevel zwischen Brotjob und Familienjob äußerst gering dar.

Zusammenhalt über alles

Der entscheidende Unterschied kommt nach Bürojob. Während nach einem Arbeitstag die Entspannung kommt, die Kumpels bei einem Bier in der Kneipe warten oder gemütlich ausgegangen wird, heißt es als Kinderbetreuer weiter zu funktionieren. Ob nun die Nächte mit einem zahnenden Kind durchwacht werden müssen oder ein hoffentlich schweigsames Babyphon bewacht wird, entpuppt sich das traute Heim als Gefängnis mit Fußfessel. Hier ist glücklich, wer eine Partnerin hat, mit der die Nächte und oder Abende geteilt werden können, um hin und wieder ein wenig Ausgang zu bekommen.

Mein größter Respekt gehört daher nicht den karenzierten Müttern, sondern den alleinerziehenden Elternteilen, die 24/7 zu 100% funktionieren müssen und vielleicht auch nicht über eine Oma in Rufweite verfügen, die liebend gerne einmal die Beaufsichtigung (auch über Nacht) übernimmt.
Nachdem ich sowohl eine wunderbare Frau habe, mit der ich die Herausforderungen des Elterndaseins hervorragend gemeinsam bewältige und meine Tochter zwei fürsorgliche Großelternpaare hat, die ganz vernarrt in ihre Enkelin sind, habe ich jedenfalls keinen Grund zu Klagen.

robe

PS: Und wenn mich mein Terrorzwerg doch einmal wieder über Gebühr in den Wahnsinn zu treiben versucht denke ich an all die Chefinnen und Chefs in der Berufswelt, die mit ihren MitarbeiterInnen in (un)regelmäßigen Abständen das gleiche tun - und schon geht's mir wieder besser.

Montag, 27. Oktober 2014

Start Väterkarenz

Daddysitting - oder: Heute beginnt mein neues Leben!
Am Freitag habe ich mich im Büro mit den Worten "Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr" verabschiedet.
Am Wochenende wurde mein Zwerg ein Jahr alt u so beginnt heute meine Väterkarenz.

Die Idee darüber zu bloggen verkommt sich gerade zur i$)L(Q iLLUSION!!; DA SICH MEIN ZwERG BEMÜSIG!T 1füht, dem papa beim schreiben am laptop zu unterstützen . - A<LS<O KEIN AGUATERJ !POPPPPPPLAN.1:.df

Nach zwei Stunden einkaufen, wickeln, Haushalt und Spielen mit dem Zwerg schläft dieser nach langem Kampf. Eigentlich sollte ich seine Schlafphase auch zur Eigenerholung nutzen, statt mich vor den Lapi zu setzen - eine Erfahrung die ich wohl erst in ein paar Tagen machen werde. Momentan lebe ich noch in der Illusion diese Phasen für eigene Produktivität nutzen zu können - etwas, wofür mich meine Frau herzhaft auslacht.

Die unmittelbare Zukunft
Papa ist jetzt mal ca. für ein halbes Jahr in "Vollkarenz" während Mama wieder ins Berufsleben einsteigt. Soviel zu meinem modernen Rollenverständnis der Geschlechter und mein subjektiver Beitrag für eine gleichberechtigte Gesellschaft(Ehe). Über diverse gesellschafts(politische) Aspekte diesbezüglich werde ich mich in weiteren Beiträgen noch auslassen.

Jetzt ist mein "Arbeitsalltag" also von Windeln, Spielsachen und Fläschchen statt von Akten, Besprechungen und kollegialen Troubles geprägt - eine Perspektive die mir ehrlich gesagt ziemlich gut gefällt.

Meine Naivität
Als erstes auf meiner Todo -liste steht, eine Todo Liste für die Karenz zu schreiben. Ich habe ernsthaft die Vorstellung, meine Zeit zuhause für alle möglichen unerledigten Dinge wie Steuerausgleich, Gartengestaltung oder den Bau einer Sandkiste nutzen zu können. Wieder lächelt mich meine Frau milde an und wartet nur, bis ich in der Realität angekommen bin.


Mein Plan

Damit aber die Karenz tatsächlich für alle Beteiligten ein Erfolg wird, habe ich mir (typisch für mich als organisierten, strukturierten und perfektionistischen Menschen) einen Wochenplan erstellt. Dort ist nun mehr oder weniger fix eingetragen, wann Besuchszeit (bei uns oder auswärts), Turnstunden oder Zeit mit den Großeltern ist. Zusätzlich plane ich gemeinsame Kocheinheiten mit dem Zwerg, sowie selbstverständlich Mußestunden mit demselben. Hausarbeit, Einkäufe und ähnliche eher lästigen Verpflichtungen sind auch eingeplant. Aber auch Zeit für mich (und meinen Sport) und vor allem Zeit zu Zweit (wenn der Babysitter da ist) um auch als Paar weiterzubestehen steht auf meiner Pinwand.

Jeder Karenzelternteil der mir nun entgegenhält, dass man sowas nicht planen kann, antworte ich, dass diese Zeiteinheiten modular verschiebbar sind und natürlich nicht in Stein gemeißelt sind. Wichtig ist, aber alle diese Bereiche vorzusehen und auch tatsächlich einzuhalten (im Sinne von: jede Woche sollte es Zeit zu Zweit geben). Ich kenne viele Paare wo sich der Karenzteil nur noch um das Kind kümmert und dabei das gesamte Drumherum vergisst - langfristig ist dadurch die Partnerschaft, der Haushalt und das ehemalige Sozialleben zum Scheitern verurteilt. Wenn ich also in meiner Karenz nichts schaffe, was ich mir vorgenommen habe - die Module meines Wochenplans sollen zumindest eingehalten werden.

robe

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