Dienstag, 10. Februar 2015

Soziales zur Väterkarenz

Betrachtet man die Gesetzeslage in Österreich zur Väterkarenz und den Rechten der Männer nach der Geburt, drängt sich der Verdacht auf, dass die Bedürfnisse moderner emanzipierter Männer noch nicht in der Politik angekommen sind.
Entsprechend altmodisch bleiben die Rollenverteilungen und entsprechend verwundert agieren Personalabteilungen oftmals, wenn es doch Ausreißer gibt, die künftig immer mehr zur Norm werden.

An beide Adressen sei gerichtet: Kinder haben neben einer Mutter überraschenderweise auch einen Vater und dieser fühlt sich immer mehr für seinen Nachwuchs verantwortlich und möchte entsprechend dieses Verantwortungsbewusstseins aber auch entsprechend eigener Bedürfnisse für sein Kind da sein.
Das klassische Rollenbild der alleine im Kreißsaal gebärenden Mutter, die nach der Geburt völlig und vor allem völlig alleine in der Mutterrolle aufgeht, während der Vater für das Familieneinkommen sorgt und am Wochenende kurz mit den Kleinen spielt, ist mittlerweile Gott sei Dank überholt.

A) Die Geburt

1. Im Spital:
Männer wollen bei der Geburt dabei sein. Die Realität zeigt, dass sie oft bis zur letzten Minute vor der Geburt ihres Kindes arbeiten müssen und selbst wenige Tage vor dem Geburtstermin noch auf Geschäftsreisen geschickt werden, bei denen eine rechtzeitige Heimkehr wage ist.
Väter wollen nach der Geburt Zeit mit der Familie verbringen. Selbst wenn im Spital Mutter und Kind gut umsorgt werden, ist es auch den Vätern ein Anliegen, Zeit mit ihrem Sprössling zu verbringen und für die Frau da zu sein. Am besten geht dies in einem Familienzimmer, auf das nach wie vor die meisten Spitäler nicht oder nur unzulänglich vorbereitet sind.

2. Urlaub nach der Geburt:
Rechtsanspruch auf Urlaub nach der Geburt sucht man in den meisten Branchen auch vergeblich. Eine frisch von der Wöchnerinnenstation entlassene Mutter gilt als kerngesund, vital und topfit. Dass die Realität damit jedoch an den Bedürfnissen eines körperlich und psychisch geforderten Menschen vorbei geht, zeigt die Tatsache, dass es nach der Geburt keinen Anspruch auf Pflegefreistellung gibt.

3. Papamonat:
Nach der Geburt nehmen sich immer mehr Väter Urlaub, um entsprechend viel Zeit mit der Familie zu verbringen. Einen Anspruch gibt es darauf bis dato nur im öffentlichen Dienst. Dass es nach wie vor nicht in allen Branchen die Möglichkeit für diese Frühkarenz gibt, ist erschütternd, dass dieses "Papamonat" gänzlich unbezahlt ist, ist peinlich und führt zu einer sozialen Selektion.

B) Die Karenz

1. Modelle zum Kinderbetreuungsgeld:
Oftmals reichen zwei akademische Studien nicht aus, um die komplexen und verworrenen Regelungen zwischen Kinderbetreuungsgeld und Karenz zu durchschauen. Selbst wenn man denkt, alles durchblickt zu haben, kommen noch (böse) Überraschungen. Die aktuellen Karenzmodelle in Österreich sind nach wie vor auf die Frau in der Mutterrolle und den Vater als den Vollzeiterwerbstätigen ausgerichtet.

2: Väterkarenz:
Männer genießen vor der Karenz keinen Kündigungsschutz und sind so in der Realität dem Druck des Dienstgebers ausgesetzt.
Selbst wenn ein Mann sich zu einer langen Karenzzeit entschließt, zwingt ihn der Gesetzgeber in manchen Situationen (Geburt des nächsten Kindes) zurück in die Arbeitswelt und verwehrt so entsprechende Zeit mit dem Kind.

3. Teilzeit:
Völlig am modernen (bzw. zukünftigen) Familienmodell vorbei, gehen die Beschränkungen im Bereich des Teilzeitanspruchs. Derzeit haben Eltern nur die Möglichkeit, dass entweder Mama oder Papa in Karenz sind bzw. je einer von Ihnen nur Teilzeit arbeitet. Viele Eltern wünschen sich Modelle bei denen beide eine reduzierte Wochendienstzeit haben und möglichst viel und lange Zeit mit dem Kind verbringen können. Faktisch wird zumeist wieder der Mann in den Vollzeitberuf gedrängt und leistet dort noch Überstunden um den Erwerbsausfall zu kompensieren.

Zeit wirds, dass sich in diesen Bereichen etwas ändert....
robe
armleuchter - 10. Feb, 23:09

Ich stimme dir in allen Punkten zu: Es ist Zeit, dass sich etwas ändert.

zu A:
Als meine Partnerin schwanger war, sollte ich noch auf eine Geschäftsreise nach China. Zum Glück arbeite ich in einem Unternehmen, das einigermaßen verständnisvoll ist und habe auch einen Vorgesetzten, der nicht unumgänglich ist.
Meine Bedingung für die China-Reise war damals: Ich muss zurück sein, bevor meine Partnerin in Mutterschutz geht. Das hat zum Glück für beide Seiten gut geklappt.
Nach der Geburt unseres Sohnes war ich quasi mit sofortiger Wirkung für drei Wochen im Urlaub, den ich mir zuvor schon für Sommer und Geburt "aufgespart" hatte. Eine vierte Woche angehängt gab es nicht, aber als Kompromiss dann im Herbst noch.
Pflegeansprüche gibt es leider nicht, wenn Frau und Kind physisch gesund sind, aber ob der neuen Situation und Herausforderungen, glaube ich nicht, dass wir die ersten Wochen ohne meinen Urlaub so gut überstanden hätten...

zu B:
Du sprichst mir aus der Seele. Trotz Recherchen, Abklärungen und Beratungen waren meine bessere Hälfte und ich bei der Wahl des Karenzmodells und der Art des Kinderbetreuungsgeldes nur mäßig erfolgreich.
Irgendwann kam das böse Erwachen und wir versuchten das Beste daraus zu machen, dass uns das Kinderbetreuungsgeld auslief, die Karenz meiner Partnerin jedoch noch weiterging und meine erst noch später folgen sollte.
Versicherungsschutz gibt es für die karenzierte Person übrigens auch nur solange, wie Kinderbetreuungsgeld bezogen wird. Man kann sich zwar ziemlich problemlos bei der Partnerin / dem Partner mitversichern lassen nur wissen sollte man es halt... Wir kamen durch Zufall drauf.

Armleuchter-Appendix:
C) Das Soziale:

1. Die sog. Gesellschaft... also quasi alle um einen herum, die das zwar cool aber auch irgendwie komisch finden, wenn ein Mann in Karenz ist. Außerdem scheinen alle zu glauben, sie müssten sofort einen Grund nennen, warum dies bei ihnen selbst unmöglich sei.

2. und 3. fallen mir auch noch ein, aber das Babyphone knackst heute Abend zu oft...

robe (Gast) - 18. Feb, 19:44

Ausreden zur Väterkarenz

Stimme dir voll zu.
Ich lache immer, wenn mir andere Väter erklären, wie sehr sie mich um meine Zeit mit meinem Kind beneiden und 100.000 Gründe finden, warum es bei ihnen selbst nicht möglich war/ist.
Ich antworte dann immer: NIEMAND ist unabkömmlich und JEDER könnte in Väterkarenz gehen - es ist meistens nur eine Frage des Wollens.
Diejenigen, die (selbst)ehrlich sind, stimmen mir dann kleinlaut zu und gestehen sich selbst ein, dass ihnen der Job/die Karriere halt wichtiger war/ist.

robe

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