Wehrpflicht

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Tagwache

Ihr habt also den ersten Tag und die erste Nacht heil überstanden und werdet kurz nach Mitternacht (0530) mit dem freundlichen Wort „TAGWACHE“ aus den Federn - korrigiere, Leintüchern und Acryldecken, umgeben von Stahlgerüst und Holzlatten - alles zusammen als „Bett“ bezeichnet - gerissen.
Euer erster Blick (nach dem auf die Uhr) fällt auf den Spind, der mittlerweile in bester Ordnung eingeräumt ist. Was befindet sich nun in diesem attraktiven Metallschränkchen, das eurer lieben Braut (Gewehr) so komfortablen Schutz bietet?

Wie bereits letztes Mal versprochen, werde ich euch heute die Ausrüstung etwas näher bringen:

Bereits oben angeführt - gleich zu Beginn, der wichtigste Ausrüstungsgegenstand: das Sturmgewehr 77. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger, dem StG 58 - welches eine „Hieb und Stichwaffe war, welche nur im Notfall zum Schießen verwendet werden konnte“ - ist es eine automatische Schusswaffe. In den ersten Wochen macht man intensive Bekanntschaft mit seiner Waffe, um alles exakt zu erlernen: zerlegen (uups, ich meinte natürlich auseinandernehmen, denn „zerlegen tut der Fleischhauer seine Sau“), Anschlagsarten (= exaktes Anlegen im liegen, knien und stehen) und Ladestellungen (ist nichts obszönes, sondern hat was mit Munition und Schießen zu tun).
Zum StG ist noch zu sagen, dass es wahrscheinlich der einzige Gegenstand der Mannesausrüstung ist, der wirklich aktuell, qualitativ hochwertig und zuverlässig ist. Die meisten amerikanischen Soldaten würden jederzeit ihre Waffe gegen unsere eintauschen, weil sie auf diesem Sektor schlechter ausgerüstet sind.

Das nächste (und oft untrennbar mit dem Gewehr verbundene) ist der/das KAZ (KampfAnZug) in 3 Ausführungen: mit leichtem, schwerem und ohne Rückengepäck. Es besteht aus einem Traggerüst (aus dem 2. Weltkrieg), einem Regenschutz (wobei das Wort Schutz beim ersten Regen seine bisherige Bedeutung verliert - ähnlich wie bei dem Slogan „SCHUTZ und HILFE - UNSER HEER“), Magazintaschen, der Schutzmaske, der Trinkflasche und dem Feldmesser. Selbiges Messer darf weder verrostet noch zu stark geschliffen aber auch nicht all zu stumpf sein. Weiters dann noch der Stahlhelm (ebfls bis vor kurzem noch aus dem 2.WK) und die Feldschuhe schwer - diese sind bequemer als sie klingen - ein Umknöcheln ist absolut unmöglich, dafür sind Durchblutungsstörungen ebenfalls unvermeidbar und können noch bis viele Monate nach dem Abrüsten anhalten.

Im Kleinen Rückengepäck sind diverse Alltagsgegenstände wie Zelt, Waschzeug, Essgeschirr, Putzzeug und ein Spaten (aus welchem Krieg der stammt ist nicht genau definierbar).
Im Großen befindet sich dann fast absolut alles: Schlafsack, Jacken, dicker Pulli und Hose, Sportbekleidung, Schuhe (+natürlich der kleine Rucksack samt Inhalt). Alles in allem kommt man dann auf ca. 20 - 30 Kilo, die einem das Leben erschweren.

Zur restlichen (allgemeinen) Ausrüstung ist zu sagen, dass wir Funkgeräte (nein nicht aus dem Weltkrieg, sondern aus dem Vietnam-Krieg) haben, eine „Luftflotte“, die spätestens seit dem Albanieneinsatz der Öffentlichkeit bekannt ist (natofrequenzuntauglich, 3 Zwischenstops erforderlich, fast unbewaffnet und kaum verteidigungsfähig), zwischenzeitlich aber durch die Transportmaschine „Herkules“ aufgewertet wurde (diese wäre übrigens zu einem günstigeren Preis käuflich erwerbbar gewesen, als sie dann angemietet wurde). Weiters hatten wir auch noch die Draken, bei denen die eine Hälfte als Ersatzteillager für die andere Hälfte diente, bevor schließlich das unsägliche Kapitel der Abfängjäger über Österreich hereinbrach.
Positiv zu erwähnen ist noch die Fliegerabwehrausrüstung (Mistral), die einen halbwegs zufriedenstellenden Schutz gewährt.
Der Rest ist eher schlecht als recht vorhanden, wird aber durch ausgezeichnetes Know-How und hervorragendes Improvisationsvermögen erhalten und gewartet. Somit bleibt mir nur zu sagen: der österreichische Soldat ist besser als sein Ruf und sein Gerät (auch im internationalen Vergleich schneidet er immer wieder hervorragend ab), kann aber mit diesem oft besser umgehen, als technisch 1A - ausgerüstete Länder.

Um euch nicht länger von euren Reinigungsarbeiten abzuhalten (nicht vergessen - alles zu Tode warten) verbleibe ich mit

“PUTZT’A, bis GLÄNZT’A“
Euer General SINNLOS

Samstag, 13. Oktober 2012

EINRÜCKUNSTAG - der erste Kontakt mit der Hölle auf Erden.

Tja meine tapferen Kameraden, ihr seid also so ungeschickt gewesen, die Meldefrist für den Zivildienst verstreichen zu lassen und seht euch nun mit eurem Einberufungsbefehl konfrontiert - jetzt gibt es kein Entrinnen - ihr seid entmündigt und der legalen Folter zugeführt.

Die Ehe und der Wehrdienst sind die zwei einzigen staatlich sanktionierten Formen von Freiheitsentzug ohne Gerichtsurteil (und für beides hat man(n) sich mehr oder weniger freiwillig selbst entschieden).

Vor der kritischen Auseinandersetzung mit der ersten Zeit beim Heer, möchte ich euch noch ein paar Tips für das Einrücken mit auf den Weg in die Kaserne geben.

1. grundsätzlich würde ich euch raten, nicht zu spät zu kommen: besser eine Stunde früher, als überpünktlich; das erspart eine Menge Stress und in den ersten Stunden ist kaum noch einer unangenehm (da verstellen sich alle).
2. nehmt euch nicht zu viel mit (ihr müsst die ganzen Sachen auch im Spind unterbringen).
Empfehlenswert sind:
- etwas zu trinken (ihr werdet in der 1. Woche nicht die Gelegenheit haben, euch etwas zu kaufen - an das Soldheim braucht ihr gar nicht erst zu denken.
- privates Wasch und Rasierzeug
- evtl. private Schuhputzausrüstung (“1-2-3 Glanz“ werdet ihr schätzen und lieben lernen - spätestens, wenn ihr wegen einem schlechten Schuhputz das erste mal am Abend länger nachdienen musstet)
- Zulassungsschein für die Einstellgenehmigung für das Privat - Kfz. (diese bitte immer deutlich an der Windschutzscheibe anbringen, da das Gefährt sonst ebenfalls irrtümlich mit Tarnfarbe angestrichen wird).


Jetzt komme ich aber dazu, was euch am ersten Tag so erwartet:

Zunächst einmal werdet ihr am Eingang liebevoll mit den Worten „AUFSITZEN“ (natürlich streng militärisch ausgesprochen) empfangen. Gemeint ist das Aufsteigen auf den MTW (= ziemlich unkomfortables, zugiges (aber bei weitem nicht zügiges) lautes Gefährt). Dieses bringt euch dann zu den Unterkünften, wo ihr zuerst einmal in die Zimmer eingewiesen werdet. Anschließend beginnt das große Ausfasssen (müsste bereits von der ersten Folge bekannt sein). zuerst die Bettwäsche: Hierbei fällt eines sofort auf (und versetzt einem gleichzeitig einen gefühlsmäßigen Dämpfer) - die Decke ist beschriftet: dort wo die Füße hinkommen mit „FUSSENDE“, und dort, wo der Kopf zu liegen kommt, mit „HEERESEIGENTUM“.
Anschließend folgt das Gerät (= Ausrüstung - wird in der nächsten Folge vorgestellt) und schließlich auch das Gewand - dann könnt ihr natürlich endlich das lästige Privatgewand ablegen und die wohlige Uniform überstreifen.
In diesem Zusammenhang werdet ihr eine Phrase sehr oft zu Hören bekommen: „Gewöhnen ans Gerät“. Und es stimmt, selbst die größten Jeans-Freaks schlafen schon nach wenigen Tagen freiwillig in der Uniform (weil sie nach dem Besuch im Soldheim im Vollrausch nicht mehr in der Lage sind, sich umzuziehen). Für den normalen Erdenbürger wird dies zu einer der größten Schwierigkeiten in der ersten Zeit: die totale Uniformität -> alles in dieser dunkelspeibgrünen Farbe.
In der ersten Woche kommt man im Normalfall nicht aus der Kaserne hinaus, geschweige denn vor 24:00 ins Bett (somit besteht auch kaum Zeit zum Telefonieren, da dies unter Tags verboten ist). Es gibt zwar viele Pausen, doch weiß man nie wie lange diese dauern (so kann es manchmal zum Problem werden, Zeit für eine „kleine Sitzung“ zu finden), dafür kommt es auch immer wieder vor, dass man sich innerhalb ¼ Stunde 3 mal umziehen muss.
Befehle müssen zwar immer so erteilt werden, dass der Sinn erkenntlich ist, doch in diesem Fall dienen solche „Kasperltheaterspielchen“ nicht dem Training vom schnellen Umkleiden, sondern lediglich dem bedingungslosen Schikanieren und dem endgültigen „gefügig machen“.

Dabei kommt es zu einer enormen Belastung für die Psyche, durch das Bewusstwerden des Entzugs jeglicher Freiheiten und Rechte. Die Kaserne ist im Prinzip wie ein Gefängnis, welches man nie ohne Erlaubnis verlassen darf. In der Schule war es wenigstens noch möglich „blau“ zu machen und eine Bestätigung von irgendeinem (befreundeten) Arzt zu bringen, aber beim Heer sind nur deren Doktoren zulässig.

All diese neuen und ungewohnten Umstände, die einem selbständig denkenden Menschen (zählt übrigens nicht zu den „besonderen Fähigkeiten“, die bei diversen Fragebogen verlangt werden) äußerst zuwider sind, führen dazu, dass man in der(n) ersten Woche(n) um Monate/Jahre reift/altert, denn es ist gar nicht so einfach alles zu akzeptieren und es hört sich nur leicht an, niemals das System zu hinterfragen. In dieser Phase des Präsenzdienstes/Lebens helfen entweder Familie/Freunde/Freundin oder viel viel Alkohol, um wenigstens körperlich am Leben zu bleiben, denn geistig hat man sich bereits lange aufgegeben.


Als kleine Hausaufgabe könnt ihr noch ein paar Abkürzungen lernen.
(Daraus besteht der gesamte Heeresapparat - angeblich erleichtern sie den Dienstbetrieb, aber in Wahrheit können sich die Herren Ausbildner keine längeren Formen merken).

ABA: Allgemeine Basisausbildung
ET: Einrückungstermin
MTW: Mannschaftstransportwagen

Auf das Treffen in der Kaserne freut sich
Euer General SINNLOS

Freitag, 5. Oktober 2012

Als der Postmann 2x klingelte, oder die Übermittlung der Aufforderung zur Stellung!

Man(n) rechnete zwar schon lange damit, doch trifft einen dieser Brief doch recht unvorbereitet. Schnell holt man diverse Tipps von Freunden und Bekannten ein und bearbeitet mit Mamis Hilfe das medizinische Frageheft, um nicht bereits im Vorfeld an diversen Fragen, wie jener über die Sinnhaftigkeit des Lebens, zu scheitern.

Schließlich kommt dann der schicksalsträchtige Tag an dem man zur Musterung in die Kaserne einrückt und dort sogleich mit der ersten Uniformität und geistigen Armut des Heeres in Kontakt zu kommen: Das Ausfassen (militärischer Fachausdruck) der weißen bzw. grünen Höschen (jegliches beißen und zwicken ist vollkommen beabsichtigt) und Badeschlapfen – Vorsicht nicht auf die Größe achten! Zitat des verantwortlichen Rekruten bei der Ausgabestelle:“Was du schauen? Nehmen Schlapfen und gehen!“
Jetzt gilt es die Zeit totzuschlagen und vor allem die Weichen für die Zukunft zu stellen, denn je mehr Leiden bei der Stellung diagnostiziert werden, desto mehr „Befreiungen“ (=Erleichterungen für den Dienstbetrieb) bekommt man für die ABA (darauf komme ich aber erst in einer der nächsten Folge zu sprechen). Es folgen diverse Untersuchungen, bei denen teilweise alle Leute die gleichen Werte aufweisen (z.B. Hören).

Die schwierigste „Prüfung“ bei der Musterung ist der Psychologische Test – ACHTUNG – extreme Einschlafgefahr durch überwältigend schnelle Erklärungen der Psychologin (nichtsdestotrotz für manche noch immer nicht langsam genug). Aufpassen muss man übrigens bei einem einzelnen Zettel, bei dem alle „NEIN“ richtig sind (z.B. fühlen sie sich grundlos traurig, haben sie häufig Aggressionen, ..) Weiters ist es nicht ratsam, zu versuchen, Untauglichkeit durch Schwachsinnigkeit vorzutäuschen – die merken das – denn die Auswirkungen aufs Zivilleben sind nicht so angenehm (z.B. Führerscheinverbot, verpflichtende Psychiaterbesuche etc.). Besseren Anklang finden hierfür Kreuzschmerzen, Bluthochdruck (Tip: Cola trinken kurz vor der Blutabnahme), viele Allergien, Atembeschwerden (leichtes Asthma), extreme Sehschwäche (ist auch nicht einfach vorzutäuschen). Absolut abzuraten ist von kurzfristigen Beeinträchtigungen, da diese nur eine vorübergehende Untauglichkeit (neuerliche Stellung etwa ein Jahr später) bedeuten und man dadurch evtl. ein weiteres Jahr für diesen Verein verliert.

Damit sind wir auch schon bei den Beurteilungen der Stellungskommision angelangt. Tauglichkeitsstufen gibt es keine mehr, lediglich Einschränkungen für die weitere Verwendung, bzw. den Zusatz „fliegertauglich“.
Auffällig ist auch der Druckfehler bei den Zeugnissen, da der Smiley bei „Untauglich“ und die Tränen bei „Tauglich“ stehen müssten, doch aus bis dato unerklärlichen Gründen wurde dieser noch nicht behoben.

Habt Acht
Euer General SINNLOS

Intro Wehrpflicht-Debatte

Die Debatte um die Wehrpflicht und die damit verbundene Volksbefragung ist seit Wochen in aller Munde und Medien.
Neben sachlichen Pro und Contra Argumenten und diversen (manipulierten oder zumindet missinterpretierten) Statistiken gibt es auch immer wieder geschlechterdiskriminierende Äußerungen.

Für mich ist dies Grund genug, mich auch mit dieser Thematik auseinanderzusetzen.
Zunächst habe ich mir ein Beispiel an einer der letzten "Profil" Ausgaben genommen und möchte mit einer ganz persönlichen Aufarbeitung meiner Erlebnisse oder subjektiver Impressionen beginnen.
Zwischendurch wird's wohl auch ein paar Kommentare zu tagesaktuellen Räusperungen geben...

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