Sonntag, 30. November 2014

Kindererziehung

Eigentlich wollte ich meinen Blogbeitrag vorige Woche schon diesem Thema widmen, doch blieb in einer herausfordernden Karenzwoche keine Zeit dafür. Jetzt hat der heutige Presse Artikel in den Social Media mächtig Staub aufgewirbelt und beschert mir eine schlaflose Nacht.
Also sitze ich mit dem Babyphon neben mir und habe knapp vor Mitternacht anscheinend nichts besseres zu tun, als meine Gedanken ins Netz zu schreiben. Menschen, die keine Ironie verstehen bitte ich, den nächsten Satz zu überlesen: Und wenn ich morgen dann müde bin und mich mein Zwerg zu sehr nervt, setzts einfach eine Tracht Prügel.

Jetzt gibt's sicher viele Menschen, die nicht meine Ansicht teilen und die, wenn sonst nichts bleibt, in den vorigen Satz Dinge hineininterpretieren, die nicht drinnen sind, aber das riskiere ich jetzt einfach mal...

Warum ist es mir ein Anliegen, mich zu dem Thema zu äußern? Nun, als Vater eines mittlerweile +1 jährigen Kindes ist mir das Thema sozusagen ein Herzensanliegen und Ja, ich gebe zu, nicht nur keine Ahnung gehabt zu haben, was WIRKLICH auf mich zukommt (wer hat das?), sondern auch, manchmal überfordert zu sein (wenn es wirklich Eltern gibt, die reinen Gewissens sagen können, dass ihre Kinder sie nie an die Grenzen treiben, dann bewundere ich diese (ob ich sie beneide, kann ich im Moment nicht sagen)).


Klares Statement gegen Gewalt!

Einleitend eines klargestellt: Ich bin entschieden gegen Gewalt und vor allem gegen Gewalt gegen Wehrlose und im Besonderen gegen Gewalt gegen Kinder.

Ich frage mich nur leider allzuoft, wo diese Gewalt beginnt, wo sie endet und wer sie definiert.

In der vergangenen Woche gab es einen Artikel in den Salzburger Nachrichten (im inhaltlichen Kontext zu dem verbrühten Kind), wonach auch das Anschreien und das Anschweigen von Kindern als eine Form von psychischer (und somit verbotener oder zumindest zu verbietender) Gewalt anzusehen ist. Dieser Artikel war ursprünglich mein Anlass, zu dem Thema zu bloggen, nun liegt aber mehr am Tisch.

Was ist Gewalt?
Diverse Postings in den Social Media zeigten spätestens heute, dass es eine große Bandbreite der Definition und Toleranz gibt. Während die einen das Ohrenziehen (oder an den Koteletten ziehen) noch für absolut legitim halten, verurteilen andere bereits das ins Zimmer sperren als eine Form der Freiheitsberaubung und Liebesentzug als das schlimmste überhaupt.

Polemisch könnte ich das gesetzliche Verbot in § 137 ABGB sehr weit auslegen. Wenn ich meinem Kind kein seelisches Leid zufügen darf, dann darf ich also auch nicht das Zimmer verlassen (weil mein Kind dann für ein paar Sekunden heult (obwohl Mami liebevoll spielend noch immer neben ihm sitzt) bevor es wieder quietschfidel lacht. Dann darf Mami aber auch nicht arbeiten gehen, weil das Kind ja dann tagsüber ohne Mutter sein muss. Dann darf man das Kind nicht in den Kindergarten geben, weil es zum Abschied der Eltern kurz weint usw.
Der vermutlich nicht ganz ernstgemeinte Vorschlag von Herrn Wolf, an einem Polizisten auszuprobieren, was unter Gewalt fällt, ist da auch wenig zielführend.

Wenn es wirklich schon unter (verbotene) Gewalt fällt, das Kind anzuschreien (ab wieviel dB ist ein lautes Wort schon ein Geschrei?) oder anzuschweigen, weil das Kind dann seelische Qualen nimmt, dann sag ich ganz ehrlich dass ich bei weiterer Entwicklung in diese Richtung auch an die Grenzen meiner Erziehungsfähigkeit stoßen werde (auf dass mich der nächste Shitstorm treffe). In meiner mir mitunter zynischen Art fällt mir dazu nur ein, dass wir dann in ein paar Jahren einige verhaltensauffällige Jugendliche oder bereits Erwachsene haben werden, die vom ständigen Erklären und Ausreden entweder einen Tinnitus erlitten haben oder durch ständiges Reden und Diskutieren ganz wirr wurden.

Grenzen setzen / antiautoritäre Erziehung
Ich persönlich mag diese Geschichte aus meinem Psychologie-Unterricht im Gymnasium vom Mann an der Supermarktkassa, der der antiautoritär erziehenden Mutter mit dem "lebendigen" Kind ein Glas Honig über den Kopf leert.

Nein, ich glaube nicht, dass völlige antiautoritäre Erziehung (im Sinne von keine Grenzen setzen etc.) gut ist (aber darüber könnte ich 3 Seiten extra schreiben). Ja, ich erlebe in meinem Umfeld immer wieder, dass Eltern Drohungen aussprechen, die sie nicht einhalten (können/wollen) und das Kind somit macht, was es will.
Ja, ich glaube, dass es auch zur Erziehung gehört, einfach einmal eine klare Ansage an das Kind zu machen (es ist draußen kalt und daher wird die Jacke jetzt angezogen und die Haube aufgesetzt) und es nicht immer als jungen, mündigen Menschen zu sehen, der seine Entscheidungen stets selbst treffen kann/darf/soll.
Ja, ich bin felsenfest davon überzeugt, dass Eltern auch einmal schnell eingreifen müssen, wenn es um das Wohl des Kindes geht (wenn der Zwerg vor ein Auto läuft, dann muss ich mitunter mal einen Hechtsprung machen und selbigen am Arm zurückziehen ohne darauf Rücksicht nehmen zu können, ob dies nun zu einem körperlichen (oder seelischen) Leid führt. (der nächst Shitstorm möge mich treffen). Und in einer solchen Situation halte ich jegliche sonst bevorzugte Erziehungsform der Partizipation und des Begleitens einfach nicht für adäquat angebracht.

Die Grenzen zwischen diesen Bereichen mögen für viele verschwimmen und wird wohl jeder anders ziehen. Ich kann und werde mich nur bemühen, stets die beste Variante anzuwenden und Ja, ich lehne Gewalt gegen mein Kind ab (und würde es jedenfalls nie zur Strafe schlagen), wo diese Gewalt jedoch für mich, für die Community oder für den Richter beginnt oder endet, das kann und will ich nicht allgemein einschätzen.

Habe ich das Recht zu urteilen?
Und daher kann ich nur eins sagen: Ich habe großen Respekt vor Herrn Greber (http://diepresse.com/home/bildung/erziehung/4607949/Wer-Strafe-nicht-vollzieht-wird-unglaubwurdig) für seine offenen Worte (das heißt nicht, dass ich Respekt vor seinen Taten habe!). Ob man seine Methoden goutiert oder verachtet sei dahingestellt. Tatsache ist, dass diese Haltung sicher nur die harmloseste Form von "Gewalt" gegen Kinder ist, die nach wie vor in vielen Kinderzimmern dieses Landes passiert. Ich habe auch größten Respekt vor den offenen Worten von Herrn Wolf über seine persönlichen Erfahrungen (https://www.facebook.com/arminwolf.journalist/photos/a.365198060158736.95746.360686647276544/915174585161078/?type=1).

ABER: Es fällt mir schwer absolut über andere zu urteilen. Ich ertappe mich selbst viel zu oft, dass ich Dinge tue, die ich früher verurteilt habe. Damit meine ich nicht, Gewalt gegen mein Kind, sondern Lapalien wie "Ich trage mein Kind im Arm, während ich den leeren Kinderwagen schiebe", oder "Ich lasse mein Kind die Hälfte des Essens auf den Boden werfen" (um die aktuell größten Herausforderungen zu nennen, mit denen ich konfrontiert bin).

Mein Zwerg bringt mich in Situationen, von den ich nie gedacht hätte, dass sie möglich sind. Ich halte mich für einen gebildeten, aufgeklärten und vernünftigen Menschen, der kraft sozialer Herkunft und finanzieller Möglichkeiten ein gutes Leben führt und meinem Kind ermöglicht. Ich weiß aber auch, dass nicht alle Menschen (Eltern) sich in einer derart privilegierten Lage befinden wie ich und dass es anderen Leuten mitunter schwer fällt andere herausforderndere Situationen als die von mir geschilderten adäquat zu bewältigen. Nein, ich finde es nicht gut, wenn jemand sein Kind schlägt und ich möchte dies nicht entschuldigen; Aber, ich kann es nachvollziehen, wenn andere Menschen sich nicht immer bestens verhalten und mituner Methoden anwenden, die nicht zu kollektiven Begeisterungsstürmen führen. Nein, ich finde es nicht gut, wenn jemand sein Kind zur Disziplinierung unter die eiskalte Dusche stellt, aber welches Recht habe ich (ohne Kenntnis der Situation,...) darüber zu urteilen?

Aus meiner Sicht: Gott sei Dank leben wir in einem Rechtsstaat ohne Selbstjustiz. Wen Dinge stören, die passieren und die er für falsch hält, der möge die entsprechenden Behörden verständigen und den Gerichten und dem Jugendamt viel Arbeit beschaffen. So schlimm das aber erscheinen mag: Auch Kinder, die geschlagen werden, lieben ihre Eltern und manchen geht es bei diesen Eltern vielleicht sogar besser als in einem Jugendheim oder bei Pflegeeltern (spätestens jetzt rechne ich mit dem Zorn der Community).

robe

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